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§ 1 Rechtsgrundlagen
Das Kommunalrecht hat durch das Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung eine
neue Rechtsgrundlage erhalten. In der Gemeindeebene ist die
"Doppelspitze" von Bürgermeister und Gemeinde-direktor abgeschafft
worden. Zukünftig leitet der Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter die
gesamte Verwaltung (§ 62 I GO) und ist zugleich Vorsitzender des Rates. Der
Bürgermeister wird von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier,
gleicher und geheimer Wahl nach den Grundsätzen des Mehrheitswahlrechts
zugleich mit dem Rat gewählt (§ 65 GO).
In einer Übergangszeit bis zum 30.9.1999 hat der
Gemeinderat die Wahl, bei Freiwerden der Stelle des Gemeindedirektors innerhalb
von zwei Monaten zu bestimmen, daß die Doppelspitze vorläufig erhalten bleibt
und ein neuer Ge-meindedirektor gewählt wird. Entscheidet er sich nicht
innerhalb der vorge-nannten Frist für die Doppelspitze, wird ein hauptamtlicher
Bürgermeister vom Rat gewählt. Die neue GO NW hat zudem zahlreiche Änderungen
mit dem Ziel der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der
bürger-schaftlichen Selbstverwaltungselemente eingeführt. Zudem sind die
Kreisord-nung (KreisO NW) und die Landschaftsverbandsordnung (LVerbO NW) an die
GO NW angeglichen und neu gefaßt worden.
Das neue Kommunalrecht in NW hat im übrigen neue Instrumente der ver-stärkten
Bürgerbeteiligung eingeführt. Vor allem soll durch ein Bürgerbegeh-ren und
einen Bürgerentscheid sowie das Kommunalwahlrecht für Ausländer die
Mitwirkungsbereitschaft gestärkt und das Interesse an kommunalrechtli-chen
Themen gefestigt werden. Denn die kommunale Selbstverwaltung wur-de mit ihrer
bürgerschaftlichen Mitwirkung schon seit den Zeiten des Frei-herrn vom Stein
als Schule der Demokratie und als eine Stätte bezeichnet, in der die
Auswirkungen der jeweiligen Entscheidungen für den Bürger unmit-telbar
erfahrbar und begreifbar sind. Diese Mitwirkungsbereitschaft zu stär-ken, hat
sich das neue Kommunalverfassungsrecht zur Aufgabe gestellt. Es kann dabei auf
Bewährtes und vor allem auf die etablierte verfassungsrechtli-che Garantie der
kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 II GG zurückge-griffen werden. Die
Gemeinden und Kreise zeichnen sich dabei durch eine unmittelbare Wahl ihrer
Vertretungskörperschaften aus (Art. 28 I 2 GG) und stehen aus dieser Sicht auf
einer Stufe mit Bund und Ländern, die ebenfalls über eine unmittelbar
demokratisch legitimierte Volksvertretung verfügen. Die Gemeinden und Kreise
beziehen daraus eine zusätzliche demokratische Legitimation, die über die der
anderen, nicht durch eine direkte Volkswahl legitimierten kommunalen
Organisationen hinausgeht.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen zunächst die Außenbeziehungen der Städte
und Gemeinden zu staatlichen Organisationseinheiten etwa der Fach-verwaltung
oder aber auch der Kommunalaufsicht. Zugleich richtet sich der Blick auf die
innere Organisation der Städte und Gemeinden, die aus verfas-sungsrechtlichen
Gründen demokratisch und rechtsstaatlich verfaßt sein muß. Denn wenn die
Kommunen als Teil der Verwaltung die Kraft haben, auch in elementare
Lebensbereiche des Bürgers einzugreifen und etwa durch ihre Bauleitplanung auch
Eigentum zu überwinden, dann muß dies auf einer ent-sprechenden
Legitimationsbasis geschehen, die formal durch Volkswahlen herbeigeführt aber
auch durch Verfahren und Organisationseinheiten grund-gelegt wird, die
rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen entspre-chen (Art. 20 III GG).
Dem Funktionieren des kommunalen Gemeinwesens trägt die Rechtspre-chung dadurch
Rechnung, daß sie den Städten und Gemeinden nicht nur bei Eingriffen in den
Bereich der kommunalen Selbstverwaltung im Außen-rechtskreis Klagerechte
gewährt, sondern auch durch Kommunalverfassungs-streitverfahren von Organen und
Organteilen die Möglichkeit eröffnet hat, im Innenrechtskreis der Gemeinde auf
ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Gesamtsystems hinzuwirken. Und eine
solche Unterstützung der Gemeinden hat durchaus ihren Grund.
Die Kommunen stehen vor großen Aufgaben. Im Innern der Gemeindeorgani-sation
muß die mit den Kommunalverfassungsgesetzen 1994 verbundene Umstellung der
Organisationsstrukturen bewältigt werden. Für viele bedeutet dies ein Abschied
von liebgewordenen kommunalen Verhältnissen. In ihrem Erscheinungsbild aus der
Sicht des Bürgers sind die Gemeinden wohl noch mehr als bisher von der
Finanzkrise bedroht, die alle Bereiche des öffentli-chen Haushaltswesens
ergriffen hat. In Zeiten knapper Kassen wird das Ver-walten auch auf kommunaler
Ebene schwieriger als in den noch gar nicht so-lange zurückliegenden Zeiten, in
denen der Staat vor allem mit Hilfe des "goldenen Zügels" und der
Misch- und Verbundverwaltung Wohltaten ver-teilte. Das ist allemal leichter,
als den Bürger mit einer Vielzahl von Steuern, Gebühren und Beiträgen zur Kasse
zu bitten. Es ist daher verständlich, daß sich nicht selten Unmut breitmacht
und die kommunale Selbstverwaltung auf Kritik stößt.
Dabei ist das Klagelied der kommunalen Selbstverwaltung so alt wie die
Selbstverwaltung selbst. Schon seit ihrer Begründung werden vor allem von
Kritikern der Selbstverwaltung die Defizite und Schwachstellen hervorgeho-ben,
die nicht nur aus einer mangelnden finanziellen Eigenverantwortlichkeit der
Kommunen, sondern vor allem aus einem als zu gering empfundenen En-gagement der
Bürger an den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ab-geleitet werden.
Auch Integrationsverluste durch die Anfang und Mitte der 70er Jahre in NW
landesweit durchgeführten kommunale Gebietsreform wer-den als Ursachen für die
Skepsis verantwortlich gemacht.
Die Kritik an der kommunalen Selbstverwaltung mag berechtigt sein und
ein-sehbare Ursachen haben. Gleichwohl hat sich die Selbstverwaltung als
Orga-nisationsform bewährt und verdient es, in das nächste Jahrhundert
übernom-men zu werden. Das zeigen vor allem auch die Erfahrungen in den neuen
Ländern. Wer den Zugang zur Demokratie festigen will, der tut gut daran, das
Interesse der Bürger an den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu
wecken und Selbstverwaltung als Chance zu begreifen, bürgerschaftliches
Engagement zu stärken und Mitwirkungsbereitschaft zu fördern. Vor allem die
Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Staat und kommunaler Selbstverwaltung
wird bestimmen, in welchem Umfang die Gemeinden, Krei-se und regionalen
Selbstverwaltungsorganisationen einen eigenen Stellenwert für sich in Anspruch
nehmen und sich als anerkannter Partner der Staatsorga-nisation behaupten
können.
§ 2 Neue Kommunalverfassung
Durch das Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung (KVÄG), das ei-nen Tag
nach der Kommunalwahl 1994 am 17.10.1994 in Kraft getreten ist , sind eine
Vielzahl von Neuregelungen für die Städte, Gemeinden und Kreise in NW bewirkt
worden. Die bisherige Doppelspitze von ehrenamtlichem Bürgermeister als
Vorsitzendem des Rates und hauptamtlichem Gemeindedi-rektor als Chef der
Verwaltung ist durch eine Einheitsspitze des Bürgermei-sters ersetzt worden.
Die bürgerschaftlichen Mitwirkungsrechte sind gestärkt, ein Ausländerbeirat
eingeführt und eine Gleichstellungsbeauftragte in allen kreisangehörigen
Städten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern eingeführt worden.
I. Übergangsrecht Bürgermeister - Gemeindedirektor
Einer der inhaltlichen Schwerpunkte, die Abschaffung der Doppelspitze und die
Urwahl des hauptamtlichen Bürgermeisters, tritt vollständig erst mit Ab-lauf
der am 17.10.1994 begonnenen Ratsperiode zum 1.10.1999 in Kraft.
Zwischenzeitlich sind verschiedene Fallkonstellationen möglich, wobei die
Beibehaltung der bisherigen Doppelspitze ebenso denkbar ist wie die Wahl des
hauptamtlichen Bürgermeisters .
(Historische Entwicklung). Die bisherige kommunale Doppelspitze aus
eh-renamtlichem Bürgermeister und hauptamtlichem Gemeindedirektor in NW geht
auf das Britische Besatzungsrecht zurück. Durch die Verordnung Nr. 21 der
Britischen Militärregierung wurde das im Dritten Reich geltende Füh-rerprinzip
abgeschafft und der hauptamtliche Bürgermeister durch einen eh-renamtlichen
Bürgermeister und einen hauptamtlichen Hauptverwaltungsbe-amten ersetzt. In die
Führung der Gemeindeangelegenheiten wurde der Ge-meinderat eingebunden. Die
Doppelspitze sollte den Gefahren begegnen, die aus dem allein auf den
Bürgermeister ausgerichteten Führerprinzip entstanden waren. Dieses aus der
Britischen Besatzungszeit stammende Organisations-modell wurde in die GO NW
übernommen.
(Kritik an der Doppelspitze). Zu Beginn der 90er Jahre mehrte sich die Kritik
an der Doppelspitze. Das Organisationsmodell habe sich nicht be-währt, war
mehrfach zu vernehmen. Aus der Sicht des Bürgers ist der Bür-germeister
Ansprechpartner für alle kommunalen Angelegenheiten. Dem Bür-ger blieb dabei
verborgen, daß der lediglich ehrenamtliche Bürgermeister im wesentlichen nur
repräsentative Aufgaben zu erfüllen hatte und nicht über einen Durchgriff in
die Verwaltungsorganisation verfügte. Zudem kam es vor allem in größeren
Städten wiederholt zu Spannungen und Reibungsverlusten zwischen dem
Bürgermeister und dem Hauptverwaltungsbeamten . Ein star-ker Bürgermeister
könnte geneigt sein, den Hauptverwaltungsbeamten zu sei-nem
"Sekretär" verkommen zu lassen. Ein starker Gemeindedirektor könnte
vor allem aufgrund seiner fachlichen Kompetenz "absolutistisch
regieren" und seine zuvor getroffenen Entscheidungen in Form von
Beschlußvorschlä-gen der Verwaltung nur noch vom Rat sanktionieren zu lassen.
Gerade in kleineren Gemeinden wurde die Gefahr gesehen, daß die ehrenamtlich
tätigen Ratsmitglieder ihren Kontrollfunktionen kaum gerecht werden können, da
sie vielfach weder über die Zeit noch über die notwendigen Fachkenntnisse
ver-fügen, eine wirksame Kontrolle der Verwaltung auszuüben. Die Bündelung
beider Leitungsfunktionen wurde als Chance begriffen, Rat und Verwaltung besser
zusammenzuführen und die Effizienz der Gemeindeverwaltung zu er-höhen . Die
Kritik gipfelte in der Forderung des damaligen Oberstadtdirek-tors von Köln,
Kurt Rossa: "Verschrotten Sie diese Gemeindeordnung" .
(Gesetzgebungsverfahren). Zur Vorbereitung neuer gesetzlicher Regelun-gen
führte das Innenministerium im Jahre 1990 bei einer Beteiligung von ca. 70 %
eine Umfrage unter allen Ratsmitgliedern, Bürgermeistern und
Haupt-verwaltungsbeamten über die "Bedingungen der Kommunalpolitik"
durch. Die Ergebnisse der Umfrage veranlaßten den Innenminister im Jahre 1991
dazu, "12 Thesen" als Diskussionsgrundlage für die beabsichtigte
Reform der GO zu veröffentlichen . Die in der Öffentlichkeit am breitesten
diskutierte Empfehlung war dabei der Vorschlag zur Abschaffung der Doppelspitze
und die Direktwahl des Bürgermeisters . Bis zur Einbringung des Gesetzentwurfs
der Landesregierung zur Änderung der GO am 12.3.1993 und zur Verab-schiedung
des Gesetzes am 6.5.1994 war es aber noch ein langer Weg. Insbesondere die
Haltung der SPD in den Jahren 1992 und 1993 führte dazu, daß in dem
Gesetzentwurf vom 12.3.1993 die Direktwahl des Bürgermeisters und eine
Zusammenführung der Ämter des Bürgermeisters und des Gemein-dedirektors nicht
mehr auftauchte . Was allerdings dann aufgrund der par-lamentarischen
Beratungen als "Ergebnis" am 6.5.1994 verabschiedet wurde, berechtigt
dazu, doch von einer "wirklichen Reform der Kommunalverfas-sung" zu
sprechen .
(Übergangsregelungen). Die unmittelbare Wahl des Bürgermeisters durch die
Bürger ist allerdings erst ab 1999 möglich . Bis zu diesem Zeitpunkt werden
Gemeindedirektor und Bürgermeister vom Rat gewählt . Es gelten dabei folgende
Grundsätze:
- Die Amtszeit der Gemeindedirektoren endet spätestens am 30.9.1999 . Die
Gemeindedirektoren, die nach dem 30.9.1991 und vor dem 2.2.1994 gewählt worden
sind, gelten mit dem 30.9.1999 als abberufen .
- Läuft die Amtszeit des hauptamtlichen Gemeindedirektors nach den
Kom-munalwahlen 1994, aber vor dem 30.9.1994 aus, so gelten folgende
Be-sonderheiten:
· Entgegen § 49 II 2 GO a.F. ist der Gemeindedirektor nicht verpflichtet, sich
einer Wiederwahl zu stellen. Das Erfordernis einer mindestens zehnjährigen
ruhegehaltsfähigen Dienstzeit gem. § 44 II 2 HS 1 LBG entfällt . Der
Gemeindedirektor tritt also unmittelbar nach Beendigung in den Ruhestand.
· Der Rat kann nach Ablauf der Amtszeit des Gemeindedirektors mit der Mehrheit
der gesetzlichen Anzahl der Ratsmitglieder eine Entscheidung darüber treffen,
ob wiederum ein Gemeindedirektor gem. § 49 I GO a.F. gewählt wird. Hierbei kann
bei seinem Einverständnis auch der bisheri-ge Gemeindedirektor gewählt werden.
Die Wahl ist aber nur bis zum 30.9.1999 - dem Ablauf der kommunalen Wahlperiode
des Rates - zu-lässig. Unterbleibt ein entsprechender Beschluß, muß ein
hauptamtlicher Bürgermeister innerhalb von zwei Monaten nach dem Ausscheiden
des bisherigen Hauptverwaltungsbeamten gewählt werden . Da der Bür-germeister
vom Rat gewählt wird, ist ihm eine Ernennungsurkunde aus-zuhändigen . Die Wahl
des hauptamtlichen Bürgermeisters erfolgt nur für die restliche Wahlzeit des
Rates (30.9.1999) (§ 65 II GO). Die Wahl findet nicht mehr statt, wenn
innerhalb von neun Monaten die unmittel-bare Wahl des hauptamtlichen
Bürgermeisters nach § 65 I GO stattfin-det (§ 65 II 3 GO).
- Die Stelle des Hauptverwaltungsbeamten ist am 17.10.1994 infolge des
Vorschaltgesetzes vom 2.2.1994 vakant. Es gelten dann folgende Be-stimmungen:
· Der Rat hat die Wahl, ob er sich mit der Mehrheit der gesetzlichen Stimmen
der Ratsmitglieder für die Wahl eines Gemeindedirektors bis-heriger Prägung
oder die Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters ent-scheidet .
· Die Wahl hat zwei Monate nach dem Ausscheiden des bisherigen
Hauptverwaltungsbeamten zu erfolgen.
- Die Amtszeit des Gemeindedirektors läuft nach dem 17.10.1994, aber vor dem
30.9.1999 aus. Rat und Gemeindedirektor sind sich einig, die Doppel-spitze vor
Ablauf der Amtszeit des Gemeindedirektor abzuschaffen.
· Es kann dann der Rat den bisherigen Gemeindedirektor schon vor Ab-lauf seiner
Amtszeit nach der Kommunalwahl zum hauptamtlichen Bür-germeister wählen. Der
Gemeindedirektor scheidet dann aus seinem bisherigen Beamtenverhältnis aus und
tritt mit der Wahl zum hauptamt-lichen Bürgermeister und der Aushändigung der
Ernennungsurkunde in ein neues Beamtenverhältnis ein .
· Oder der Rat wählt im Einvernehmen mit dem bisherigen
Hauptverwal-tungsbeamten vor Ablauf von dessen Amtszeit einen neuen hauptamtli-chen
Bürgermeister. In diesem Fall gilt der Gemeindedirektor als abbe-rufen.
Die neuen gesetzlichen Regelungen des Kommunalverfassungsrechts sind am
17.10.1994 - am Tage nach der Kommunalwahl 1994 - in Kraft getre-ten . Die
Vorschriften über die Rechtsstellung des hauptamtlichen Bürgermeisters oder des
hauptamtlichen Landrates kommen demgegenüber erst zur Anwen-dung, wenn entweder
der Bürgermeister in unmittelbarer Wahl von der Be-völkerung gewählt ist oder
der Rat einen hauptamtlichen Bürgermeister ge-wählt hat . Eine Ausschreibung
der Stelle der hauptamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten ist bis zur
Kommunalwahl 1999 allerdings nicht erforder-lich . Der hauptamtliche
Bürgermeister und der hauptamtliche Landrat übernehmen mit ihrer Wahl die Aufgaben
des bisherigen Gemeindedirektors und Oberkreisdirektors . Solange daher kein
hauptamtlicher Bürgermeister gewählt worden ist, bleiben die Vorschriften über
die "kommunale Doppel-spitze" in Kraft . Für Gemeinden, die weiterhin
über die bisherigen Doppel-spitze verfügen, sind daher weiterhin die
Vorschriften der bisherigen GO a.F. anzuwenden, soweit sie sich auf die
kommunale Doppelspitze beziehen . Im übrigen sind aber bereits die neuen
Regelungen anwendbar.
Soll vom Rat ein hauptamtlicher Bürgermeister gewählt werden, so ist die Wahl
nach § 65 GO durchzuführen. Die bisherigen Qualifikationsmerkmale nach § 49 I 2
GO a.F. gelten nicht. Wählbar ist als hauptamtlicher Bürger-meister, wer am
Wahltag Deutscher ist, das 23. Lebensjahr vollendet hat, nicht vom Wahlrecht
ausgeschlossen ist und die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die
freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt. Weitere formale
Qualifikationsnachweise sind im Gegensatz zur bisherigen Regelung in § 49 I 2
GO a.F. nicht erforderlich. Es müssen allerdings die nach § 71 GO vom Rat zu
wählenden Beigeordneten über weitere formale Qualifikationen verfügen. In
kreisfreien Städten und Großen kreisangehörigen Städten muß mindestens einer
der Beigeordneten die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren
Verwaltungsdienst besitzen. In den übrigen Gemeinden muß mindestens einer der
Beigeordneten die Befähigung für die Laufbahn des ge-hobenen allgemeinen
Verwaltungsdienstes besitzen (§ 71 III GO).
(Direkte Wahl des Bürgermeisters ab 1999). Mit der nächsten Kommu-nalwahl wird
der Bürgermeister nach § 65 GO auf die Dauer von fünf Jah-ren direkt von den
Bürgern gewählt. Es gelten die Wahlgrundsätze wie bei den Bundestags-,
Landtags- und Kommunalwahlen. Der Bürgermeister wird in allgemeiner,
unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl nach den Grundsätzen der
Mehrheitswahl gewählt. Die Wahl erfolgt mit der Wahl der Gemeindevertretungen.
Als Bürgermeister gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen
erhält. Besteht nur ein Wahlvorschlag, ist der Bewerber gewählt, für den
mindestens 25 % der Wahlberechtigten gestimmt haben. Entfallen auf keinen der
Bewerber mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, findet gem. § 46 c II KWahlG
am zweiten Sonntag nach der Wahl eine Stichwahl unter den beiden Bewerbern mit
der höchsten Stimmenzahl statt. Bei Stimmenmehrheit entscheidet das vom
Wahlleiter zu ziehende Los. Neben Wahlvorschlägen, die nach § 15 II KWahlG von
einer Partei oder Wählergemeinschaft eingereicht werden, können sich auch
Einzelbewerber selbst vorschlagen . Auch nach neuem Recht wählt der Rat nach §
65 II GO den Bürgermeister, wenn der Amtsinhaber durch Tod, Eintritt in den
Ruhe-stand oder aus sonstigen Gründen vor Ablauf der eigentlichen Wahlzeit
aus-scheidet . Der Bürgermeister ist nicht Mitglied des Rates. Wird gem. § 65
II GO ein Bürgermeister aus der Mitte des Rates gewählt, scheidet er als
Ratsmitglied gem. § 37 VI KWahlG aus. Nach § 45 I KWahlG rückt aus der
Reserveliste der Partei oder Wählergruppe, der das ausgeschiedene Ratsmit-glied
angehörte, ein Ratsmitglied in den Rat nach.
Der Bewerber um ein Bürgermeisteramt muß das 23. Lebensjahr vollendet haben,
darf nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sein und muß die Gewähr dafür bieten,
daß er jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des
GG eintritt . Der Bewerber um das Bürgermeisteramt muß Deutscher i. S. des Art.
166 GG oder EU-Bürger sein. Auch EU-Ausländer können damit in NW ab 1999
Bürgermeister der Städte und Gemeinden wer-den . Das Bürgermeisteramt kann bis
zur Vollendung des achtundsechzig-sten Lebensjahres ausgeübt werden . Fachliche
Voraussetzungen sind vom hauptamtlichen Bürgermeister nicht zu erfüllen. Jeder,
der sich für geeignet hält, kann als Bewerber aufgestellt werden .
Der Bürgermeister ist gem. § 62 I GO kommunaler Wahlbeamter und wird in ein
Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Die Ämter der Bürgermeister sind nach der
jeweiligen Einwohnerzahl der Gemeinde einzugruppieren . Neben den Bezügen
erhalten die Bürgermeister Aufwandsentschädigungen, deren Höhe sich auch nach
der Einwohnerzahl staffelt . Die Besoldung des haupt-amtlichen Bürgermeisters
wurde gegenüber der Besoldung des Gemeindedi-rektors um bis zu zwei
Besoldungsgruppen angehoben .
(Der Bürgermeister als Ratsvorsitzender und als Repräsentant der Bür-ger). Der
Bürgermeister ist Vorsitzender der Gemeindevertretung (§ 40 II 3 GO),
allerdings nicht Ratsmitglied. Er hat Stimmrecht im Rat mit Ausnahme der Fälle,
in denen nur die Mitglieder des Rates abstimmen. Daneben vertritt der
Bürgermeister die Bürgerschaft nach außen und repräsentiert und ver-tritt den
Rat. Wie bisher ist der Bürgermeister nach § 57 III GO geborener Vorsitzender
des Hauptausschusses. Damit obliegt ihm nach wie vor die Leitung des
Hauptausschusses, der gem. § 59 I GO die Arbeit der Ausschüs-se aufeinander
abstimmt. Der Bürgermeister stellt nach § 48 I GO die Tages-ordnung auf . Zeit
und Ort der Ratssitzungen sowie die Tagesordnung macht der Bürgermeister
öffentlich bekannt. § 58 I GO berechtigt den Bür-germeister, mit beratender Stimme
an den Ausschußsitzungen teilzunehmen, wobei ihm auf Verlangen jederzeit das
Wort zu erteilen ist .
Die GO unterscheidet hauptamtliche und ehrenamtliche Stellvertreter des
hauptamtlichen Bürgermeisters. Gem. § 67 I GO wählt der Rat aus seiner Mitte Stellvertreter
des Bürgermeisters, die ihn als Vorsitzenden in den Rats-sitzungen und in
Repräsentationsangelegenheiten vertreten. Die Vertretung bei Aufgaben als
Hauptverwaltungsbeamter übernimmt der erste Beigeord-nete oder in Gemeinden
ohne Beigeordnete der allgemeine Vertreter, der vom Rat zu bestellen ist (§ 68
I GO). Zu den Aufgaben des hauptamtlichen Bür-germeisters zählen die Vertretung
des Bürgermeisters bei der Verwaltungs-führung und der gesetzlichen Vertretung
der Gemeinde .
Der Bürgermeister ist nicht nur berechtigt, sondern nach § 69 I GO auch
ver-pflichtet, an den Ratssitzungen teilzunehmen . Er kann durch ein Fünftel
der Ratsmitglieder oder eine Fraktion zur Stellungnahme verpflichtet werden,
ist aber dazu auch berechtigt. Seine Anwesenheit kann durch den Ausschuß nach §
69 II GO verlangt werden, in denen er zu Stellungnahmen zu
Tages-ordnungspunkten verpflichtet ist .
(Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse). Der hauptamtliche Bür-germeister
hat nach § 62 II GO die Aufgabe, die Beschlüsse des Rates, der
Bezirksvertretung und der Ausschüsse vorzubereiten und auszuführen. Dar-über
hinaus hat der Bürgermeister die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§
3 II GO) und Auftragsangelegenheiten (§ 129 GO) durchzufüh-ren. Dabei
unterliegt er der Kontrolle des Rates und ist ihm gegenüber ver-antwortlich.
(Leitung der Verwaltung). Der Bürgermeister ist als Hauptverwaltungsbe-amter
nach § 62 I GO für die Leitung und Beaufsichtigung der Verwaltung
verantwortlich. Er leitet und verteilt die Geschäfte, hat aber die Möglichkeit,
sich Aufgaben und die Bearbeitung einzelner Angelegenheiten vorzubehalten. Er
hat das alleinige Organisationsrecht der Verwaltung und ist verantwortlich für
die Verteilung der Dienstgeschäfte in der Verwaltung, stellt die Organisa-tionspläne
auf und kann Dienstanweisungen erlassen. Durch den Organisati-onsplan kann der
Bürgermeister die Verwaltung in seinem Sinne in Dezerna-te, Abteilungen, Ämter
und Sachgebiete unterteilen . Nach § 73 II GO ist der Bürgermeister
Dienstvorgesetzter aller Beamten, Angestellten und Ar-beiter. Er kann den
einzelnen Mitarbeitern Aufgabenbereiche zuweisen. Der Bürgermeister verfügt
auch über das Recht der Umsetzung von Beamten, Angestellten und Arbeitern
innerhalb der Verwaltung mit damit verbundenen Aufgabenzuweisungen. Neben dem
Recht des Bürgermeisters, die Wahrneh-mung einzelner Aufgaben selbst zu
übernehmen, kann der hauptamtliche Bürgermeister einen sog. Aufgabenvorbehalt
geltend machen. Dieser Aufga-benvorbehalt nach § 62 I GO beinhaltet das Recht,
einen Aufgabenbereich, der eigentlich in den Geschäftsbereich eines
Beigeordneten fällt, sich selbst vorzubehalten. Die Aufgaben, die sich der
Bürgermeister gegenüber den Bei-geordneten vorbehält, sind in einer Geschäfts-
oder Dienstanweisung schrift-lich festzulegen .
Nach § 74 II GO trifft der hauptamtliche Bürgermeister alle beamten-, tarif-
und arbeitsrechtlichen Entscheidungen. Dieses beinhaltet nunmehr auch, daß der
Bürgermeister im Rahmen des Stellenplans neben der Höhergruppierung der
Angestellten und Arbeiter alle Beamten ernennen, befördern und entlas-sen kann
.
(Der Minderheitenbürgermeister). Nach dem Ablauf
der Wahlzeit des bis-herigen Oberstadtdirektors stellt die Oppositionsfraktion,
die über der Rats-sitze verfügt, den Antrag, erneut einen Oberstadtdirektor zu
wählen. Dieser Antrag findet jedoch im Rat nicht die erforderliche absolute
Mehrheit. Bei der Neuwahl des hauptamtlichen Bürgermeisters wird R durch
Ratsbeschluß von der Mitwirkung bei der Bürgermeisterwahl mit der Begründung
ausge-schlossen, seine Frau sei als Chefsekretärin im Vorzimmer des
Oberbür-germeisters tätig. Dieser unmittelbare Interessenwiderstreit müsse aus
kommunalverfassungsrechtlichen Gründen zu einem Ausschluß führen. Daraufhin
erhält im ersten Wahlgang keiner der beiden Kandidaten die Mehrheit der
abgegebenen Stimmen. Nachdem im zweiten Wahlgang eben-falls beide Kandidaten
die gleiche Stimmenzahl erhielten, wurde der von der Oppositionsfraktion
vorgeschlagene Kandidat R durch Losentscheid zum hauptamtlichen Bürgermeister
gewählt. Unmittelbar nach der Wahl wurde B unter Aushändigung der Urkunde
vereidigt und in sein Amt eingeführt. R fragt, ob er Aussichten hat, den seiner
Auffassung nach rechtswidrigen Ratsbeschluß über seine Befangenheit erfolgreich
anzufechten. Außerdem beabsichtigt die Kommunalaufsicht, gegen die
Beamten-ernennung einzu-schreiten.
Kommunalverfassungsstreit. K könnte gegen den Ratsbeschluß, mit dem K für
befangen erklärt wird, eine verwaltungsgerichtliche Klage mit dem Ziel erheben,
die Rechtswidrigkeit des Beschlusses festzustellen. K ist nach § 31 IV GO von
der Mitwirkung bei der Bürgermeisterwahl ausgeschlossen wor-den. Die
Entscheidung darüber trifft nach § 31 IV GO im Streitfalle der Rat. Das
Kommunalverfassungsstreitverfahren ist zulässig, da R geltend machen kann,
durch den Ausschluß bei der Bürgermeisterwahl in seinen Mitglied-schaftsrechten
verletzt zu sein .
Begründetheit. Der Antrag ist begründet, wenn durch den Ausschluß von R dessen
Mitgliedschaftsrechte verletzt sind. Nach § 31 I GO darf ein zu ehren-amtlicher
Tätigkeit oder in ein Ehrenamt Berufener weder beratend noch ent-scheidend
mitwirken, wenn die Entscheidung der Angelegenheit ihm selbst, einem seiner
Angehörigen oder einer von ihm kraft Gesetzes oder kraft Voll-macht vertretenen
natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil
bringen kann . Unmittelbar ist der Vorteil oder Nachteil, wenn die Entscheidung
eine natürliche oder juristische Person di-rekt berührt. § 31 II GO erweitert
das Mitwirkungsverbot auch auf Entschei-dungsträger, die
- bei einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Vereinigung, der
die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann, gegen
Entgelt beschäftigt sind und nach den tatsächlichen Umständen, ins-besondere
der Art ihrer Beschäftigung, ein Interessenwiderstreit anzuneh-men ist,
- Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen
Or-gans einer juristischen Person oder einer Vereinigung sind, der die Ent-scheidung
einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann, es sei denn, sie
gehören den genannten Organen als Vertreter oder auf Vorschlag der Gemeinde an
.
- in anderer als öffentlicher Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten
abgegeben haben oder sonst tätig geworden sind.
Die Vorschriften wollen einerseits sicherstellen, daß die Entscheidungen der
kommunalen Gremien von dem Grundsatz der Interessenneutralität geprägt sind,
andererseits aber eine überzogene Anwendung der Ausschließungs-gründe auf
Personengruppen, die nicht in einem Interessenwiderstreit stehen, verhindern.
Aus diesen Gründen sind die Befangenheitsregelungen in § 23 GO a.F. mehrfach
geändert worden. Die Neuregelung will noch deutlicher als bisher den
Personenkreis der "echten" Interessenkollision von denjenigen
Entscheidungsträgern abgrenzen, die trotz ihrer personellen oder funktionel-len
Nähe zu dem durch die Entscheidung Begünstigten tatsächlich nicht "auf
beiden Seiten" stehen. Diesem Ziel der Begrenzung der Mitwirkungsverbote
auf den tatsächlich bestehenden Interessenwiderstreit wird nicht nur in § 31 II
GO deutlich, sondern auch dadurch, daß die Mitwirkungsverbote nach § 31 III GO
weiter eingegrenzt werden. Danach gelten die in § 31 I und II GO ge-regelten
Mitwirkungsverbote nicht
- wenn der Vorteil oder Nachteil nur darauf beruht, daß jemand einer Be-rufs-
oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die
Angelegenheit berührt werden,
- bei Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder in ein Ehrenamt und für die
Abberufung aus solchen Tätigkeiten, und zwar
· bei der Wahl des Bürgermeisters nach § 56 II GO,
· bei Wahlen, Wiederwahlen und Abberufungen nach § 71 GO, es sei denn, der
Betroffene selbst steht zur Wahl,
- bei Beschlüssen eines Kollegialorgans, durch die jemand als Vertreter der
Gemeinde in Organe der in § 31 II Nr. 2 GO genannten Art entsandt oder aus
ihnen abberufen wird; das gilt auch für Beschlüsse, durch die Vor-schläge zur
Berufung in solche Organe gemacht werden,
- bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in der Vertretung einer anderen
Gebiets-körperschaft oder deren Ausschüssen, wenn dem Betroffenen durch die
Entscheidung ein Vorteil oder Nachteil erwachsen kann.
Durch die Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters könnte der Ehefrau des Ratsmitglieds
R, die im Vorzimmer des Bürgermeisters tätig ist, ein unmittel-barer Vor- oder
Nachteil erwachsen. Der hauptamtliche Bürgermeister ist nach § 73 II GO
Dienstvorgesetzter der Beamten, Angestellten und Arbeiter und ist nach § 62 I 2
GO verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der
gesamten Verwaltung. Die Mitglieder der Verwal-tung sind gegenüber dem
Bürgermeister als ihrem Dienstvorgesetzten wei-sungsgebunden und können auch
innerhalb der Verwaltung umgesetzt wer-den. Die Ehefrau des R kann also durch
die Wahl des hauptamtlichen Bür-germeisters einen unmittelbaren Vor- oder
Nachteil haben. Sie ist als Ehefrau nach § 31 V Nr. 1 GO Angehörige von R.
Das Mitwirkungsverbot gilt allerdings nach § 31 III Nr. 2a GO nicht bei der
Wahl des Bürgermeisters nach § 65 II GO. Durch diese neu in die GO 1994
aufgenommene Vorschrift soll erreicht werden, daß das politische
Kräftever-hältnis sich auch dann bei der Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters
wi-derspiegelt, wenn einzelne Entscheidungsträger im Rat zugleich in einen
In-teressenwiderstreit geraten könnten . Die Neuregelung für den
hauptamt-lichen Bürgermeister bewertet dabei die Wahrung des politischen
Kräftever-hältnisses höher als eine mögliche Interessenkollision. Die Regelung ist
ver-fassungsrechtlich unbedenklich. Zwar soll durch die
Befangenheitsvorschrif-ten die Sauberkeit und Interessenneutralität der
kommunalen Entscheidungs-gremien als charakteristisches Merkmal kommunaler
Verwaltung sicherge-stellt werden. Der Gesetzgeber hat jedoch bei der
Ausgestaltung dieses Grundsatzes einen gewissen Bewertungsspielraum. Er kann
auch andere ihm wichtig erscheinende Gesichtspunkte in die gesetzgeberische
Abwägung ein-stellen, ohne daß eine bestimmte Regelung bereits zwingend
vorgeschrieben wäre. Die Mitwirkung von Ratsmitgliedern bei der Wahl des
hauptamtlichen Bürgermeisters ist daher kommunalverfassungsrechtlich zulässig,
selbst wenn sie zugleich Träger anderweitiger Interessen sind. R hätte daher
nicht als be-fangen ausgeschlossen werden dürfen. Die Nichtbeteiligung des R
war auch für das Wahlergebnis entscheidend, da nicht ausgeschlossen werden
kann, daß bei einer Beteiligung des R ein anderes Wahlergebnis zustande
gekom-men wäre (§ 31 III GO). Der Ratsbeschluß, der den Ausschluß des R
fest-stellt, ist daher rechtswidrig. Dies kann vom Verwaltungsgericht im
Kommu-nalverfassungsstreitverfahren festgestellt werden .
Einschreiten der Kommunalaufsicht. Die Kommunalaufsicht überwacht die
Rechtmäßigkeit des gemeindlichen Handelns (§ 116 GO). Die Bestellung des B zum
hauptamtlichen Bürgermeister könnte rechtswidrig sein. Die Wahl des
hauptamtlichen Bürgermeisters erfolgt nach § 65 II GO, Wahlverfahren und zu
erzielende Mehrheiten richten sich nach § 50 II GO. Gewählt ist die
vorgeschlagene Person, die mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen
erhält. Neinstimmen gelten als gültige Stimmen. Erreicht niemand mehr als die
Hälfte der Stimmen, so findet zwischen den Personen, welche die beiden höchsten
Stimmenzahlen erreicht haben, eine engere Wahl statt. Gewählt ist, wer in
dieser weiteren Wahl die meisten Stimmen auf sich verei-nigt. Bei
Stimmengleichheit entscheidet das Los.
Der hauptamtliche Bürgermeister wird nach Maßgabe von §§ 10, 195 LBG zum
kommunalen Wahlbeamten ernannt. Gem. § 195 III LBG bedarf es nur bei dem direkt
gewählten Bürgermeister keiner Ernennung. Somit ist für den vom Rat gewählten
Bürgermeister eine Ernennungsurkunde auszustellen. Die Ernennungsurkunde wird
gem. § 74 III 1 GO durch den allgemeinen Vertreter des (hauptamtlichen)
Bürgermeisters unterzeichnet . Nach § 10 II LBG darf die Ernennungsurkunde dem
Bürgermeister erst ausgehändigt werden, wenn nicht innerhalb eines Monats nach
der Wahl eine Beanstandung erfolgt oder die Wahl eine gesetzlich
vorgeschriebene Bestätigung erhalten hat. Die Aushändigung der
Ernennungsurkunde unmittelbar nach der Wahl war daher rechtswidrig. Eine so
vorgenommene Beamtenernennung ist nichtig, weil die Beachtung der Wartefrist
von einem Monat gesetzlich zwingend vorgeschrie-ben ist.
Die Berufung des B in das Beamtenverhältnis eines kommunalen Wahlbe-amten ist
auch deshalb nichtig, weil der zugrundeliegende Ratsbeschluß we-gen des
Ausschlusses des nichtbefangenen Ratsmitglieds R unwirksam ist. R ist bei der
Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters ausgeschlossen worden, obwohl ein
Befangenheitsgrund nach § 31 GO nicht vorlag. Die Nichtmitwir-kung des B war
auch für die Abstimmung entscheidend, da nicht ausge-schlossen werden kann, daß
bei der Beteiligung des B wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse eine andere
Entscheidung getroffen worden wäre (§ 31 III GO). Ist aber der zugrundeliegende
Ratsbeschluß unwirksam, ist Berufung in das Beamtenverhältnis nach der
entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 195 III 2 LBG nichtig. Die Vorschrift
gilt zwar unmittelbar nur für die direkte Wahl des hauptamtlichen
Bürgermeisters durch die Bürger, muß aber entsprechend auch auf die Wahl durch
den Rat angewendet werden. Die Kommunalaufsicht ist daher zu einem
entsprechenden Einschreiten berechtigt und - da keine entgegenstehenden
Gesichtspunkte erkennbar sind - auch ver-pflichtet.